Kranverladung bei der BLG
im Neustädter Hafen

Es ist so weit: Der Koloss aus Stahl schwebt. Endlich. Es ist 11:10 Uhr und er schwebt wenige Handbreit über der Kaje. Die rot-weißen Kranausleger ragen ins Blau des Winterhimmels. Und doch geht es nur zentimeterweise nach oben, emporgezogen an Stahlseilen von zwei Kranarmen: langsam, kaum merklich, behutsam. Dann wieder: Stopp. Ein unscheinbares Pendeln, kaum merklich neben der Backbordseite des fast 170 Meter langen Schwergut Carriers MS Lisa. Die Ladung wiegt 70 Tonnen. So imposant der Riese mit seinen 40 Metern Höhe, so vorsichtig ist das Vorgehen.

Dieser Auftrag ist mit insgesamt knapp 1500 Tonnen, die Verladung mit der größten Tonnage der vergangenen beiden Jahre, die bei der BLG Cargo Logistics im Neustädter Hafen bei der Projektlogistik in der zweiten Februarwoche über die Bühne geht. Die MS Lisa lädt drei Krane auf, die nach Haifa gehen sollen. Jeder wiegt rund 500 Tonnen. Im vergangenen Jahr gingen schon 2 baugleiche Modelle auf die Reise. Die insgesamt 5 Drehkrane kommen vom Kranhersteller Kocks Ardelt. „Das sind Multifunktionskrane“, erläutert Hermann Kloppenburg von Kocks Ardelt, der auch Bauleiter des Projekts ist. „Die sind dann über die Schienen im Hafen von Haifa flexibel einsetzbar.“

Dieselgeruch weht über die Kaje. Vor Ort im Hafen von Haifa gebe es keinen Platz zum Zusammenbau der Krane, erläutert Hermann Kloppenburg. In der Bremer Neustadt indes hat die BLG dafür die entsprechende Fläche am Terminal dafür verpachtet. "Hier haben wir den Vorteil, nötige Flächen flexibel nutzen und buchen zu können“, sagt Kloppenburg. „Wir haben direkt im Neustädter Hafen die Krane soweit wie möglich zusammengebaut.“ Per Binnenschiff seien die einzelnen Komponenten angelandet und dann montiert worden. „Auch wenn man mal kurzfristig Lagerkapazitäten oder etwas an technischer Unterstützung braucht, sind wir hier gut aufgehoben", sagt Kloppenburg. "Kurze Wege sind zum Arbeiten ideal.“

Bauleiter Hermann Kloppenburg vom Kranhersteller Kocks Ardelt, begleitet die Verladung.
Bauleiter Hermann Kloppenburg vom Kranhersteller Kocks Ardelt, der die Kräne liefert und an der Kaje zusammengebaut hat, begleitet die Verladung.
Ein Crewmitglied der Lisa überwacht die Verladung und steht in stetem Funkkontakt.
Ein Crewmitglied der Lisa überwacht die Verladung und steht in stetem Funkkontakt.

Das Schiff, auf das verladen wird, ist die MV LISA, ein Heavy Lift Carrier, entsprechend ausgerüstet mit eigenen Kranen an Bord. Eigner ist der Bremer Dienstleister Harren & Partner. Am heutigen Dienstag nimmt das Schiff Kranoberteil Nummer 3 an Bord auf. Es soll mithilfe der beiden Krane genau zwischen den beiden anderen Kranoberteilen platziert werden.

An Bord der Lisa schwirren 8 Mann umher, um Gummimatten auf Deck an die richtige Stelle zu rutschen. Hier soll gleich das Stahlprofil des Kranes aufliegen. Zwei spannende Minuten und es ist vollbracht. Der Kran liegt auf. Aufatmen. Prüfende Blicke. Zufriedenes Nicken.

 

Die Unterteile der Kräne, auch Portale genannt, werden nach den Drehteilen/Oberteilen geladen. Jedes Portal wiegt rund 162 Tonnen.

Früher Nachmittag und die Ladung ist an Bord gebracht. Nun geht es ans Laschen, also an die Befestigung der Ladung. „Als Fundament wird die Ladung an dem Schiff fixiert und mit Schweißpunkten und D-Ringen fixiert“, erläutert Marco Rintz, Manager Operations bei der BLG. Er kümmert sich darum, dass seitens der BLG alles glattgeht. Auch die Hafenstauerei Kpt. Wilhelm Schultze, an der die BLG zur Hälfte beteiligt ist, ist vertreten: Thorsten Homfeld überprüft den Fortschritt der Verladung.

Es ist ein klarer Wintervormittag mit Temperaturen unter null. Die Kaje taut langsam auf. Das Eis, das sich auf der Kaje in manchen Ritzen und an Bord gesammelt hat glänzt im Sonnenschein. „Gut, dass das Wetter mitspielt“, sagt Kloppenburg von Kocks Ardelt. „Bei mehr Wind zum Beispiel hat man auch mehr Kräfte, die auf die Ladung wirken. Das ist ja alles Angriffsfläche“, sagt er und zeigt auf den Kran. Auch haben wir hier keinen Seegang.“ Die Bedingungen sind gut, aber kein Anlass für Leichtsinn. Denn der Spielraum zum Ablassen der Ladung ist übersichtlich: links und rechts bleibt je ein maximal 1-Meter breiter Gang. Die Schiffscrew hat vor dem Anschlagen als noch keine Spannung auf den Drahtseilen war, an der Ladung extra die schiffseigenen Schekel montiert, um sie an den Kranseilen befestigen zu können.

Von der Brücke der LISA aus beobachtet der Kapitän das Gespann aus den zwei schiffseigenen Kranen. In den beiden beigen Drehkranen, die zum Schiff gehören, sitzen Crewmitglieder. Sie bedienen vorsichtig und gleichzeitig die Steuerung, um gemeinsam die Ladung anzuheben. Das Team geht koordiniert vor. Über Funk sind sie verbunden mit Crewmitgliedern, die draußen am Fuße des Krans und an Deck überprüfen, das der Hebevorgang gut geht. Über Funk ist auch der Kapitän verbunden.

Er kontrolliert, dass das Schiff in Balance bleibt. Gar nicht so einfach bei solche einer haushohen Ladung, wo der Schwerpunkt entsprechend hoch liegt. Ein Display zeigt, was das Pumpsystem des Schiffes gerade leistet: Es wird Gewicht in Form von Wasser nach Steuerbord gebracht. Stabilität ist das Wichtigste. Für die Fahrt muss das gewährleistet sein und in besonderem Maße während des Beladens. Dafür sorgt ein schiffsinternes Pumpsystem, das nachher Wasser als Gegengewicht nutzt. Und so verteilt, dass den enormen Kräften entgegengewirkt werden kann. Auf der Kajen abgewandten Seite des Schiffes liegt außerdem ein ebenfalls mit Wasser gefüllter Ponton, der das Schiff stabilisiert.

An Deck riecht es schwach nach Feuerwerk. Schweißflammen flackern. Eine Kolonne von Schweißern kniet an Deck, um kleine Stahlteile zu montieren. Diese sollen als für Stahlschienen dienen, auf denen wiederum dann die unteren Teile der Krane in den nächsten Tagen geladen werden können.

Weiter vorne knattert ein Akkuschrauber unter der Belastung. Ein Crewmitglied zieht damit die Befestigungen für einen Laschdraht fest. So nennen Fachleute das mehrädrige doppeldaumendicke Stahlseil, das die Ladung an Deck sichert. Wenige Minuten später sitzt der Draht fest – fürs Erste. Er wird im Laufe des Transports noch mehrfach überprüft und eventuell noch nachgespannt werden.

Draht Nummer 1 sitzt also. An Bord warten allerdings noch Dutzende davon. Bis diese dann letztlich alle fixiert sind, dürfte noch manche Arbeitsstunde vergehen, und noch weitere, bis dann alle Teile an Bord verladen und gesichert sind. In wenigen Tagen dürften die Lisa mit den Kranen an Bord ablegen. Und dann - wenn alles planmäßig läuft - dürfte die MS Lisa dann Ende Februar den Kunden im Hafen von Haifa erreichen.

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