Ulrich Balke ist Director Markets bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im Interview spricht er über die Bedeutung von Nachhaltigkeitsthemen für das Unternehmen, insbesondere das ESG Management & Steering „Nachhaltig steuern". ESG steht dabei für Environment, Social, Governance (ESG).
Herr Balke, welche Bedeutung haben Nachhaltigkeitsthemen in ihrem Unternehmen?
Als Unternehmen sind wir uns der Verantwortung für die Mitgestaltung einer nachhaltigeren Zukunft bewusst und wollen dazu beitragen, die kritischen Herausforderungen in unserer Gesellschaft und Umwelt anzugehen. ESG ist für uns der rote Faden, der sich durch ganz KPMG zieht. Wir befähigen unsere Mitarbeitenden, einen zielgerichteten Wandel herbeizuführen, nutzen unsere globalen Talente, um unsere Kunden zu unterstützen und wenden in der gesamten Organisation Best Practices an. Dabei wollen wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen und unsere Erkenntnisse dafür nutzen, unseren Kunden bei ihrer eigenen ESG-Reise zu unterstützen.
Mit unserem Nachhaltigkeitsprogramm "Our Impact Plan" zeigen wir transparent unsere Fortschritte auf. In unseren vier Handlungsfeldern Planet, People, Prosperity und Governance haben wir uns konkrete Verpflichtungen für unseren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung in der Gesellschaft gesetzt und setzen vielfältige Maßnahmen um. So arbeiten wir beispielsweise kontinuierlich an der Reduzierung unserer Umwelteinwirkungen – in unserer eigenen Geschäftstätigkeit sowie in unserer Lieferkette. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedsfirmen der globalen KPMG-Organisation sind wir der Science-Based-Targets-Initiative (SBTi) beigetreten und haben uns zu einer Reduktion unserer Treibhausgasemissionen um 50 Prozent bis zum Jahr 2030 verpflichtet. Neben Maßnahmen für den Umwelt- und Klimaschutz sind hohe Sozialstandards in unserem Unternehmen ebenso wesentliche Elemente unserer Unternehmenskultur. Mit diversen Maßnahmen für individuelle Entwicklung und Karriere, Inklusion, Diversität und Gleichberechtigung sowie Gesundheit und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben reagieren wir auf gestiegene Erwartungen der Talente gegenüber ihren Arbeitgebern. Zudem fühlen wir uns der Gesellschaft verpflichtet, in der wir agieren. Ein wesentliches Element unserer Nachhaltigkeitsaktivitäten ist daher auch ein vielfältiges gesellschaftliches Engagement, welches von unseren Mitarbeitenden getragen wird. Wir bieten verschiedene Engagement-Programme an, in denen sich unsere Kolleg*innen einbringen und einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten können.
Mit unseren ESG-Services helfen wir zudem unseren Kundinnen und Kunden bei der nachhaltigen Ausrichtung ihrer Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen. So wirken wir gemeinsam dem Klimawandel entgegen und unterstützen unsere Kundschaft bei der Reduzierung ihrer Emissionen und dabei, mit einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie ihren Unternehmenswert zu steigern.
Blicken wir fünf Jahre zurück: Hat es hier eine Veränderung gegeben und wie macht sich dies bemerkbar?
Im Bereich des Themas ESG hat es in den vergangenen Jahren deutliche Veränderungen gegeben. Dem Druck der öffentlichen Meinung und den bereits sichtbaren Auswirkungen durch den Klimawandel und die Umweltzerstörung folgt eine sich stetig verschärfende Regulatorik, der Unternehmen entsprechen müssen. Auf rund 50.000 Unternehmen in der EU kommen mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die gestaffelt ab 1. Januar 2024 anzuwenden ist, neue Anforderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu.
Entsprechend ist die Steuerung von ESG-Themenstellungen für Unternehmen von zentraler Bedeutung für Entscheidungsprozesse und wirtschaftlichen Erfolg. Die umfassende Bedeutung von ESG für Unternehmen zeigte sich auch in unserer kürzlich veröffentlichten Studie „Nachhaltig steuern“ zum ESG Management & Steering, deren Ergebnisse speziell für die Transport- und Logistikbranche ich auf der Envoconnect am 21. September 2023 vorstellen und diskutieren werde: Rund die Hälfte der für die Studie befragten Transport- und Logistikunternehmen charakterisieren das Ambitionslevel ihres Unternehmens hinsichtlich kritischer ESG-Themen als proaktiv und zwei Drittel geben an, dass in ihrem Unternehmen die Verantwortlichkeit für alle nachhaltigkeitsrelevanten Themen in der obersten Management-Ebene beim C-Level und Vorstand verankert ist.
Nachhaltigkeit wird häufig auf Umweltthemen reduziert: Welche Bedeutung haben wirtschaftliche und soziale Aspekte in der Nachhaltigkeitsstrategie?
Tatsächlich zeigte sich dieses Ergebnis auch in unserer ESG-Studie: Kennzahlen zur Steuerung von Umweltaspekten, insbesondere im Hinblick auf die Messung von CO2-Emissionen, kamen bereits in der Vergangenheit eine herausgehobene Bedeutung zu und sind entsprechend häufiger vorhanden als KPIs zur Steuerung von Governance- oder sozialen Aspekten. ESG-Themen umfassen neben Umweltthemen jedoch ebenso Aspekte wie Menschenrechte, Gesundheitsschutz, Diversity und Unternehmenswerte. Um das Betriebs- und Geschäftsmodell effektiv auf die geforderte Nachhaltigkeit auszurichten, und regulatorischen Anforderungen, wie beispielsweise dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, zu genügen, sind ESG-Kennzahlen zur Steuerung von Umweltaspekten ebenso erforderlich wie solche zur Steuerung von Governance- und sozialen Aspekten. Darüber hinaus wird diesen Aspekten von unterschiedlichen Stakeholdern eine immer größere Bedeutung zugeschrieben.
Wie lassen sich durch Kooperationen gemeinsame Strategien entwickeln?
Innerhalb der Branchen haben Unternehmen mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen oder sind über Lieferketten eng miteinander verbunden. Viele Herausforderungen lassen sich aus diesem Grunde nur in Kooperation mit anderen Unternehmen lösen. Im Hinblick auf die Regulatorik, die größere Unternehmen oftmals vor den mittelständischen und kleinen Unternehmen verpflichtet, gibt es hier einen Erfahrungsvorsprung, der durch Kooperationen weitergegeben werden kann, z.B. Spediteure und Logistiker an Subunternehmer, Hafenumschlagsbetriebe an Dienstleister auf dem Yard, Industrie- und Handelsbetriebe an die Spediteure ihrer Beschaffungs- bzw. Distributionslogistik, Bahnunternehmen an ihre Bahntransportunternehmer, usw.
Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an den Kongress?
Wir freuen uns, als Sponsor die neue Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit im Bereich Häfen und Logistik zu unterstützen und uns aktiv in die Diskussion um dieses hochaktuelle Thema, das die derzeitige transformatorische Phase unserer Gesellschaft und Wirtschaft maßgeblich treibt, einbringen zu können. Der Kongress wird sicherlich dazu beitragen, die wesentlichen Akteure im Bereich Häfen und Logistik miteinander zu vernetzen und einen Beitrag zur Gestaltung zukünftiger Herausforderungen zu leisten.