Die Columbuskaje wird um 20 Meter verbreitert. Und so werden auch die neuen Brücken, die gerade gebaut werden, länger und mit ihren 56 Metern die Kaje überragen. Hier können künftig 1850 Passagiere stündlich und somit auch die aktuellen großen Kreuzfahrtschiffe abgefertigt werden. Mit ihren Maßen sind die Passagierbrücken vom Typ Pegasus dann die größten, die je gebaut wurden.
Wie ihre Vorgänger damals auch, werden auch die neuen Brücken aus Spanien kommen. Denn dort hat sich europaweit als bester Partner, in diesem Projekt die Spezialfirma Adelte, qualifiziert. Das Unternehmen ist weltweit führender Spezialist für die Entwicklung und Herstellung von Passagierbrücken für Kreuzfahrt- und Fährterminals in Seehäfen und auf Flughäfen.
Das Unternehmen Adelte ist den deutschen Kreuzfahrthäfen ein Begriff. Bereits in Kiel und Hamburg hat die Spezialfirma jeweils drei Passagierbrücken installiert. In den vergangenen Monaten hat Adelte, trotz der widrigen Umstände durch die Pandemie insgesamt achtzehn Brücken an verschiedene Kreuzfahrt- und Fährterminals auf der ganzen Welt geliefert: in die USA (Miami und Boston), die Vereinigten Emirate (Dubai), nach Australien (Brisbane), Frankreich (Calais) und Japan (Kobe).
bremenports-Geschäftsführer Robert Howe freut sich über die Kooperation mit Adelte. „Der Neubau des Kais wird nicht nur den Zugang der Kreuzfahrtpassagiere zu den Schiffen verbessern“, sagt Howe. „Die optisch ansprechenden und technisch hochmodernen Brücken werden ein klarer Ausdruck dafür sein, dass Bremerhaven beste Voraussetzungen für Kreuzfahrtschiffe bietet.“
Für die Kreuzfahrer*innen werden die verglasten Tunnelabschnitte sicher ein Highlight sein. Von dort aus können sie zukünftig über das Meer und den Kreuzfahrthafen blicken und die Fahrt mit einem uneingeschränkten Vorfreudeblick auf das Kreuzfahrtschiff beginnen. Die neuen Brücken bestehen aus zwei verglasten Tunnelabschnitten, einer Kabine und einem Gebäudeanschlussmodul. Die technisch anspruchsvollen Teile werden alle Bewegungen eines Kreuzfahrtschiffs während der gesamten Schiffsabfertigung und bei jeder Tide ausgleichen können
Elektromechanische Hubsysteme in den Säulen ermöglichen eine Einstiegshöhe von 16 Metern über dem Meeresspiegel. Die drei neuen Brücken können sich in Längsrichtung bewegen, entlang des Kais, denn sie laufen auf 2 Schienen und weserseitig zusätzlich auf Gummirädern. So wird es möglich, von jeder Glastür des Kreuzfahrtterminalgebäudes zu zu steigen. Außerdem werden die Brücken so konstruiert und gebaut, dass sie auch möglichen Überschwemmungen widerstehen, Wartungsaufgaben erleichtern und besonders gegen Korrosion gerüstet sind.
Für bremenports kontrolliert Ralf Wendorff den Brückenbau. Er hat die Zusatzausbildung als Schweißnahtsicht- und Beschichtungsinspektor. Zwei Mal musste er mit Kollegen bereits nach Spanien fliegen, sich die Produktion vor Ort ansehen, Dokumentation der Baufirma prüfen, Beschichtungsstärken messen und Schweißnähte kontrollieren. Ein dritter Besuch ist für den 12. Dezember geplant. „Wir stellen hohe Ansprüche.“ sagt Wendorff. „Der Stahl muss nach der Fertigung bzw. vor dem Strahlen porenfrei und fettfrei sein und die Ecken und Kanten müssen gerundet werden, um Rost keinerlei Angriffsmöglichkeiten zu bieten.“
Trotz der langjährigen und internationalen Erfahrung des Herstellers Adelte sind die Anforderungen an die Brücken in Bremerhaven in punkto Korrosionsschutz so hoch wie in keinem anderen Land, in das Produkte des Unternehmens schon geliefert wurden. Denn aufgrund des „Sprüh-Salznebels“ herrscht an der Kaje in Bremerhaven Korrosivitätskategorie „C5 – high“. Das ist die vorletzte Stufe in der DIN-Norm. Höhere Ansprüche an den Rostschutz gibt es nur noch im Offshore-Bereich.
bremenports-Mitarbeiter Ralf Wendorff teilt sein Know-How mit dem spanischen Partner und inspiziert jeden Zentimeter höchstpersönlich. Er achtet etwa darauf, dass Bauteile im Hafen so gut mit Schutzanstrichen beschichtet sind, dass der „Sprüh-Salznebel“ der Nordseeküste ihnen nichts anhaben kann. Luftfeuchtigkeit, Salzgehalt, Stahlbau und Korrosionsschutz sind seine Spezialgebiete. Er hat den Bau der Tore der Kaiserschleuse in Danzig begutachtet, und auch schon den Bau der alten Passagierbrücken vor 20 Jahren mit begleitet. „Eine gute Abnahme erspart uns später hohe Instandhaltungskosten“, sagt Wendorff.
Und bis sich die 15 LKW mit Brücke Nummer 1 im Januar auf den Weg nach Bremerhaven machen, gibt es noch einen finalen Test. Der Glastunnel wird im Herstellerwerk noch einem “Factory Acceptance Test” unterzogen. Fertig verkabelt werden dabei alle Bewegungsabläufe inklusive der dazugehörigen Meldungen simuliert. Erst nach erfolgreichem Test geht er auf die Reise nach Bremerhaven.
Gleich nach Weihnachten sollen sich am Mittelmeer dann etwa 15 LKWs in Bewegung setzen, beladen mit der ersten der drei Brücken. Am 10. Januar soll Brücke Nummer 1 an der Weser eintreffen. Bis dahin müssen die Kajenbauer rund 60 Meter der neuen Kaje soweit fertig haben, dass sie als Bauplatz für die Montage der Brücke dienen kann, die dann etwa anderthalb Monate dauern soll. „Der dann im Januar 2023 komplett getestete lange Glastunnel wird in einem Stück eingesetzt“, sagt Wendorff. Ende März könnten schon die ersten Schritte auf der ersten Brücke getan werden. Im April will das Columbus Cruise Center dann den ersten Bauabschnitt in Betrieb nehmen. Im Mai sollen die zweite und dritte Brücke geliefert werden.
Die 20 Jahre alten Fahrgastbrücken an der Columbuskaje indes haben ausgedient. In den Jahrzehnten sind mehr als eine Millionen Gäste, Crewmitglieder und Behördenvertreter über sie an oder von Bord gegangen. Mit ihrem letzten Einsatz am 20. Oktober waren die Kreuzfahrer der „Amera“ von Phönix Reisen die letzten Gäste, die über die alten Brücken gelaufen sind. Der Abbau der Passagierbrücken Nummer 2 und 3 am Columbus Cruise Center Bremerhaven ist erfolgreich abgeschlossen. Aufgrund der verschiedenen Anforderungen, die die verschiedenen Häfen haben, gibt es für sie keinen Gebrauchtmarkt. Und so wurden die insgesamt 190 Tonnen Stahl auf das Südende der Columbuskaje verbracht und in Handarbeit zerkleinert, um dann entsorgt zu werden.
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