Daniel Becker spricht im Interview über Chancen und Risiken der Digitalisierung und warum letztlich Vertrauen der Schlüssel zum smarten Hafen ist.

Herr Becker, die Unternehmen, die in den bremischen Häfen wirtschaften, sind online und steuern digital Geschäftsprozesse in der ganzen Welt. Ist das nicht smart genug? Wozu braucht man da ein „Smartport“-Projekt?

Das ist die falsche Frage. Die Frage muss eher lauten: wie kann es gelingen, die Rückstände in Sachen Digitalisierung aufzuholen? Die Einstellung: sich auf den Lorbeeren von einst auszuruhen, führt in ganz Europa seit Jahren schon tiefer in die Einbahnstraße. Allein wenn Sie den Aktienmarkt betrachten, wo die Gelder hingehen, können Sie erahnen, welche Umwälzungen schon längst in Gang sind. Bei der Digitalisierung haben wir in Europa und auch Deutschland den Startschuss verschlafen: Und es mag vielleicht ein wenig platt klingen, aber: wer sich ausruht, wird überholt. Das gilt für Europa, Deutschland und natürlich letztlich auch für den Standort.

Dass es am Standort Nachholbedarf in Sachen digitaler Zusammenarbeit gibt, attestiert ja schon die SWOT-Analyse, die auch dem HEK2035 zugrunde liegt. Woran liegt das? Was hindert die Unternehmen?

Ich denke, zum Teil ging es uns vielleicht einfach zu gut. Aber es spielen auch andere Faktoren eine Rolle: Ängste etwa und Unklarheit was Risiken angeht. Für kleinere Unternehmen und Mittelständler ist manchmal auch schwer zu erkennen, wie man profitieren kann von den Entwicklungen, die Digitalisierung und Dematerialisierung mit sich bringen.

Das klingt nach enormen Herausforderungen. Lässt sich das verpasste denn überhaupt aufholen?

Das können wir als Smartport-Community nur gemeinsam angehen. Denn es geht nicht nur um die Probleme, die sich jetzt schon konkret auswirken, sondern auch darum, sich proaktiv für die Zukunft aufzustellen. Wenn wir das nicht tun, werden wir eine Wüste in Sachen Digitalisierung hinterlassen. Wer das ignoriert, handelt unverantwortlich für Standort und Branche.  Darum müssen wir gemeinsam eine neue Kultur entwickeln: Den Smartport. Langfristig wollen wir den Herausforderungen mit einer geeigneten Strategie begegnen. Dafür entwickeln wir jetzt eine gemeinsame Vision und Ideen.

 

 

"Wir müssen

eine neue Kultur

entwickeln"

Wie läuft es an?
Bei unseren Gesprächen in der Smartport-Community nehme ich wahr, dass alle positiv und offen mit dem Thema Digitalisierung umgehen. Es zeigt sich, dass die Unternehmen in den bremischen Häfen eine besondere Gemeinschaft sind und mit Leidenschaft zu Werke gehen. Aber wir sind noch zu wenig vernetzt, wenn es um digitale Themen geht. Wir müssen hier stärker und strukturierter kommunizieren. 

Welche Rolle hat da bremenports – Anstandsdame oder Impulsgeber?
Nichts von beidem. bremenports ist eher Moderator oder Orchestrator, wie man es in der IT nennen würde. Es beginnt ja mit den Vorstellungen, die die Smartport-Community selbst entwickeln muss. Wir können und wollen nicht die eine, allgemeingültige, Strategie liefern und dann in die Geschäftsprozesse eindringen. Das wäre auch viel zu statisch. Vielmehr ist unsere Aufgabe, zu fördern und durch passende Elemente die Zusammenarbeit und Entwicklung in Sachen Digitalisierung auf ein neues, ein vernetztes Level heben. Dafür ist das Miteinander wichtig und Vertrauen ein Schlüsselelement.

Warum?
Die Digitalisierung trifft das Mark der Geschäftstätigkeiten der Hafenunternehmen und der Logistik: Den Umgang mit Informationen und insbesondere das Teilen von Daten. Wie organisieren wir künftig Datensicherheit und Cybersecurity entlang der Liefer- und Prozessketten? Das sind Fragen, die sich heute schon stellen. Darüber hinaus werden viele Fragen noch aufkommen, auf die wir künftig gemeinsam Antworten finden müssen. Ich freue mich ein Teil dessen zu sein.

Danke für das Gespräch.