Alexander Global Logistics sind Zellstoffexperten. Für die Mitarbeiter ist der Umgang mit der sensiblen Fracht Alltag. Ein Besuch auf dem Hof und im Lager am Grauwall in Bremerhaven, wo Papier, Pappe und eben Zellstoff umgeschlagen wird.

Grauwallring 21, ein zugiger Hof in Bremerhaven, nicht einmal 1,5 Kilometer Luftlinie bis zur Stromkaje. Es ist Montag und – so wie jeden Tag – bei Alexander Global Logistics in Bremerhaven Zeit für Zellstoff. Hier kommt er an, der Tausendsassa unter den Rohstoffen, in Units von 2 tons, auf der Rolle und in vielen verschiedenen Qualitäten. Aus ihm werden bei Kunden von AGL Pharma-, Medizin- und Hygieneprodukte hergestellt, Windeln etwa und vieles mehr. Aber bevor er in die Verarbeitung bei den Geschäftskunden gelangt, landet er hier auf dem Hof bei Alexander Global Logistics an, containerweise, um ausgeladen, eingelagert und weiter umgeschlagen zu werden, verladen zum Weitertransport über Straße oder Gleis.

Ein LKW wird von einem Stapler mit einem Container beladen.
Portraitfoto von Carsten Hellmers. Er steht vor der Zellstoffhalle in seiner schwarzen Steppjacke, Warnweste und seinem vollen weißem Haar.

Lange eingelagert werden sollte das Material nicht, erklärt Carsten Hellmers, CEO der Alexander Global Logistics GmbH. Er steht vor der Halle, Steppjacke, volles weißes Haar. Seine 64 Jahre sieht man dem Seniorchef nicht an. Er führt über den Hof, den Alexander Global Logistics seit wenigen Jahren alleine bewirtschaftet.

„Zellstoff ist unser Steckenpferd“, sagt Carsten Hellmers beim Weg zur Zellstoffhalle. „Damit fing alles an.“ Halle 1 ist voll davon. Rings um stehen Units von Zellstoff und folierte Rollen mit Zellstoff und Papier, die sich wie riesenhafte Klebebandrollen meterhoch türmen. Gleich neben dem Tor steht AGL-Mitarbeiter Peter Brause in Arbeitskluft mit Sicherheitsweste und verzieht keine Miene. Sein Blick ruht konzentriert auf der Rolle Zellstoff, die vor ihm steht. Der Kollege hat sie mit dem Stapler eben abgesetzt, damit sie repariert werden kann. Das gehört zur Produktpflege im Auftrag des Kunden.

Das ist er also, der weiße Zellstoff. Das Material fühlt sich rau und weich an, ein bisschen wie Pappe, aber deutlich feiner.

Brauses Cuttermesser saust über die Außenbahn der Zellstoffrolle. Die äußeren vier Schichten schälen sich ab und ploppen auf den Hallenboden. Sorgfältig schält Brause noch zwei weitere Schichten ab, vorsichtig, denn jede Schicht ist wertvoll. Brause und Kollegen wissen genau, ab wann Schäden vorliegen und wie sie repariert werden müssen. „Es geht darum, ob die Oberfläche verschmutzt ist, ob es Risse gibt, und wenn ja, ob die tiefer als fünf Lagen gehen. Wir haben auch schon erlebt, dass der Kern einer Rolle kaputt war. Das ist dann auch statisch ein Problem beim Umladen.“

„Diese Bögen werden nachher beim Kunden meist in Maschinen eingespannt“, sagt Peter Brause. „Da muss jeder Bogen sauber durchlaufen. Andernfalls könnte der Bogen reißen, dann müssen sie die Anlage umbauen und umspannen, dann gibt es Stillstand und das kostet wieder Geld.“ Damit das nicht passiert, vertrauen die Kunden auf den Zellstoffumschlagprofis, die Schäden standardmäßig beim Wareneingang und -ausgang feststellen und beseitigen.

"Da muss jeder Bogen sauber durchlaufen."

Zu sehen ist eine Beschädigung in der Zellstoffrolle.
Eine genauere Aufnahme der Beschädigung des Zellstoffes.
Peter Brause bei der Reparatur einer Zellstoffrolle.
Peter Brause bei der Reparatur einer Zellstoffrolle. Erst ein prüfender Blick, dann kommt mit Fingerspitzengefühl das Cuttermesser zum Einsatz. Die abgetrennten Zellstofflagen werden dann fachgerecht entsorgt.
Mehrere Lagen der Zellstoffrolle sind beschädigt.
Ein prüfender Blick von Peter Brause,  welcher mit einem Cuttermesser die beschädigten Zellstofflagen entfernt.
Maik Kraft schleift vorsichtig Verunreinigungen von der Materialoberfläche.
Maik Kraft schleift vorsichtig Verunreinigungen von der Materialoberfläche. So büßt die Rolle nur unmerklich Breite und Gewicht ein.

Brauses Kollege Maik Kraft führt gerade die Flex über die Rollenoberfläche. Er entfernt eine Kartoffel-große Stelle, die mehrere Schichten betrifft. „Kleinere Schäden können wir manchmal auch rausschleifen“, sagt Kraft. „Dann muss man nicht ganze Lagen entfernen.“

Die Rollen haben einen gehörigen Durchmesser. Da kommt schon bei wenigen Schichten einiges an Gewicht zusammen. Was eine Rolle kostet? „Das geht nach Tonnen. Eine Tonne kostet etwa 1300 Dollar“, rechnet Geschäftsführer Carsten Hellmers vor. „Eine Rolle hat etwa 750 Kilo, also aktuell am Markt ungefähr 1000 Dollar.“

Brause sitzt schon auf dem Stapler, während Maik Kraft den Bestand korrigiert. Er scannt das Label auf der Rolle und gibt das neue Gewicht in ein kleines Handheld ein. Die Rollen werden „eingeschrumpft“, sagt der Fachmann. „Wir sagen dazu auch mal abspecken." Maik Kraft lächelt. Der 39-Jährige ist seit zwei Jahren dabei. Es sind nun 23 Lagen weniger auf der Rolle, jede Lage etwa daumennageldick, wiegt 1,6 Kilo. Schaden repariert und die Rolle ist 36,8 Kilo leichter.

Maik Kraft erfasst das neue Ist-Gewicht mithilfe eines Scanners.
Nach der Reparatur wird das neue Ist-Gewicht erfasst. Hier scannt Maik Kraft die Rolle um die neuen Daten ins System einzuspeisen.
Ein Mitarbeiter befindet sich hinter einer Zellstoffrolle, während ein Gabelstapler im Hintergrund vorbeifährt.
Die Rollen werden im Anschluss wieder mit dem Stapler eingelagert.

„Die Daten bekommt der Kunde unmittelbar digital weitergegeben“, erläutert Carsten Hellmers, während die Kollegen die Rolle wieder folieren. „Da wird für den Kunden gleich transparent, was seine Fracht macht. Wir sind hier vor den Endproduktionen die letzte Station.“

Insgesamt hat das Arial am Standort Grauwallring 35.000 Quadratmeter überdachte Lagerfläche, weitere Außenflächen können als Stellplatz für Container und wetterunabhängiges Gut genutzt werden. Zum Leistungsmix sind neben dem Spezialgebiet Zellstoff nach und nach auch Papier und Holz hinzugekommen. In der gemischten Halle Nummer 3 findet man neben Schnitt- und Sperrholz auch spezielle Papiere wie das, was man auch von Sixpacks-Getränkegebinden kennt oder das Papier, aus dem die Verpackungen gemacht werden, die täglich im Onlinehandel verschickt werden. „Das nennt sich Kraftliner“, erläutert Hellmers.

 

Am Standort Grauwallring sind rund 25 Mitarbeiter im Einsatz, darunter auch Subunternehmer mit Mitarbeitern für die Be- und Entladung. Am Standort Bremen sind es sechs Abteilungen mit rund 85 Mitarbeitern. Bald soll eine dritte Etage im Büro am Schüsselkorb dazukommen.

Das Programm der letzten 17 Jahre war intensiv, sagt Hellmers später im Besprechungsraum. „Wir haben uns breiter aufgestellt.“ AGL setzt nun stärker auf Repräsentanzen im Ausland, mit neun Mitarbeitern in Stettin, in den USA zwei Mitarbeitern und einem neuen Lager in Planung. Und dann sind noch in China, Brasilien und in Chile, England einzelne Repräsentanten im Einsatz.

Carsten Hellmers sitzt an einem Tisch, während er sich unterhält.

Neben dem Zellstoffumschlag, arbeitet AGL im Bereich Luftfracht und Seefracht im Containerbereich. „Wir machen auch Seefracht im konventionellen Bereich“, erklärt Hellmers. „Wir chartern Schiffe. Und verladen dann Tonnagen nach Polen, England und nach Skandinavien. Da wir konjunkturell weniger abhängig sein wollen, haben wir entschieden, auch in der Projektlogistik zu arbeiten. Dazu kommt unter anderem noch der Importcontainer-Export. Die großen Mengen vom Umsatz her sehen wir aber nach wie vor im Papier, Zellstoffbereich und in der Projektlogistik.“

Nachhaltigkeit sei ein wichtiges Thema, sagt Carsten Hellmers. „Wir haben hier längst die Hallen auf LED umgestellt und die Dächer mit Fotovoltaik belegt und somit einiges investiert. Und wir haben gerade ein Grundstück gekauft, auf dem wir gerne ein Windrad betreiben würden.“

 

"Wir legen viel Wert
auf das
Mittelständische."

Carsten Hellmers sitzt einem Tisch und erzählt über seine Firma.

Carsten Hellmers ist seit 45 Jahren in der Branche tätig. Der gelernte Schifffahrtskaufmann kam 1998 in die Logistik.

Herr Hellmers, wo liegt Ihre Leidenschaft?

Alles was mit Transport zu tun hat, ist meine Leidenschaft. Ich habe früher in den 1980er 1990er Jahren bei Reedereien wie Hapag-Lloyd gearbeitet, als Schifffahrtskaufmann. Und ich war auch immer in mittelständischen Unternehmen wie zum Beispiel bei Nikolaus Haye und Bruno Bischoff tätig. Das war eine Reederei, die sich stark auf Skandinavien fokussiert hat, mit Zellstoff und Papier und speziellen Schiffen. Daher komme ich. Und das hat mich so fasziniert, dass ich in dem Bereich weiter gemacht habe.

Offenbar nicht ganz erfolglos. Bald belegt Alexander Global Logistics in der Museumstrasse in Bremen eine weitere Etage, weil das Unternehmen wächst.

Das ist richtig. Auch im Ausland bauen wir aus. Und wir haben unter anderem seit Längerem neben Zellstoff, Papier und Holz auch die Projektlogistik für uns erkannt. Wir bauen die Transportkette zusammen für unsere Kunden.

Haben Sie im Unternehmen eine bestimmte Kultur?

Ja, vielleicht das Persönliche. Ich lege viel Wert auf das Mittelständische. Ich bringe immer noch das Bisschen, was es noch an Post gibt, selber rum, sage mal Hallo und bin mal eben in den Abteilungen. Mir ist es wichtig, nicht nur zum Kunden sondern auch zu den eigenen Mitarbeitern den persönlichen Kontakt zu halten.

Herr Hellmers, danke für das Gespräch.

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