Stapler vor der Höegh Moonlight.

Immer offen für Neues

 

Atlantik Hafenbetriebe als Testumgebung für alternative Antriebe

Seit kurzem setzt das Unternehmen Atlantik Hafenbetriebe Geuther & Schnitger in Bremerhaven den 5-Tonnen-E-Stapler B50XC-7 der Marke Bobcat im Echtbetrieb ein. Hafenarbeiter Tobias Hoffmann arbeitet gern damit: „Dieser Stapler ist deutlich leiser, und er fährt sich ziemlich feinfühlig, da die Elektromotoren ganz anders reagieren als Verbrenner.“ Das Modell wurde nach ausgiebigen Tests, die im Frühjahr 2024 gestartet sind, aus Fahrzeugen verschiedener Hersteller ausgewählt – angefangen mit DN Solutions (ehemals Doosan), später wurden weitere Hersteller ins Boot geholt.

Tobias Hoffmann fährt ein Stapler und Stefan Krüger weist ihn ein.
Wer den Stapler fährt, muss sich auf seinen Einweiser jederzeit verlassen können. Tobias Hoffmann und Stefan Krüger sind da ein eingespieltes Team. Foto: Atlantik Hafenbetriebe Geuther & Schnitger GmbH & Co. KG

Sicherer, sauberer, effizienter

Der Umstieg war unkompliziert. „Ich habe eine Einweisung bekommen, wie bei jedem neuen Gerät. Es war einfach, auf den neuen Stapler umzusteigen“, sagt Hoffmann. Weitere Vorteile: Er ist wartungsärmer, effizienter und sicherer: „Anders als beim Diesel kann ich den Bobcat ausmachen, wenn ich ihn zwischendurch nicht brauche, nach zehn Sekunden geht er sowieso in den Ruhemodus. Außerdem bewegt er sich auch bei laufendem Motor nicht, solange ich den Knopf nicht bediene.“  

„Gut ist auch, dass wir damit keinen zusätzlichen Feinstaub mehr in unsere Arbeitsumgebung pusten“, ergänzt Hafenarbeiter Stefan Krüger, der oft als Einweiser mit Tobias Hoffmann zusammenarbeitet. Ladezeiten sind kein Problem: Über Nacht aufgeladen, hält die Batterie für zwei Schichten. Die Batterie an sich übernimmt gleichzeitig die Funktion des Kontergewichts, das bei einem Schwerlaststapler notwendig ist. 

Auswahl per Härtetest

Getestet wurde in der Winterzeit. „Wir wollten im Vorfeld alle Tücken erkennen und wissen, wie die Batterien auf Nässe und Kälte reagieren und ob wir durchgängig damit arbeiten können“, berichtet Stefan Nousch, Geschäftsführer bei Atlantik Hafenbetriebe.  

Es wurden Modelle von vier Herstellern getestet. „Wir haben uns am Ende für diesen hier entschieden“, so Nousch. „Aber wir machen weiter, um auch bei größeren Geräten zu gucken, ob das mit alternativem Antrieb darstellbar ist, wenn Ersatzinvestitionen anstehen. Anfang kommenden Jahres werden wir hier einen 32-Tonner haben.“ Er sieht die jetzige elektrische Phase als einen Entwicklungsschritt, auf den andere Antriebe, wie z.B. Wasserstoff, folgen könnten. „Die Industrie hat erkannt, dass wir hier ein gutes Testfeld bieten, und die Kollegen ein gutes Feedback geben.“

Stefan Nousch und Tobias Hoffmann mit dem Bobcat an Board der Höegh Moonlight.
Atlantik-Geschäftsführer Stefan Nousch und Hafenarbeiter Tobias Hoffmann mit dem Bobcat an Bord der Höegh Moonlight. Foto: Atlantik Hafenbetriebe Geuther & Schnitger GmbH & Co. KG

Nachhaltiges Handling für eine nachhaltige Schifffahrt

Der Bobcat bringt am Ende mehr Leistung, denn er ist effizienter und es gibt weniger Verschleißteile und so weniger Wartungszeiten. Außerdem ist man nachhaltiger unterwegs. „Das passt super zu unserem Kunden Höegh Autoliners, für den wir den Stapler auf den Schiffen der neuen Aurora-Klasse einsetzen“, sagt Stefan Nousch. „Mit einem nachhaltigen Gerät auf einem nachhaltigen Schiff können wir Schritt halten mit der Entwicklung.“

Die Aurora-Klasse ist die neue Klasse von Autotransportschiffen der norwegischen Reederei Höegh Autoliners. Mit einer Länge von 200 Metern und einer Kapazität von 9.100 CEU gelten die Auroras als größte und umweltfreundlichste Autotransporter weltweit. Sie verfügen über 14 verstärkte Decks, auf denen auch schwere Lasten und Elektrofahrzeuge transportiert werden können. Die neue Klasse ist für Höegh zentraler Baustein, um das Ziel von Null Emissionen bis 2040 zu erreichen und Standards für eine nachhaltige Schifffahrt zu setzen. Die CO₂-Emissionen pro transportiertes Fahrzeug werden im Vergleich zum durchschnittlichen Industriestandard um etwa 58% gesenkt. Es ist das erste Dual-Fuel-Schiff im Pure Car Truck Carrier (PCTC)-Segment, die für den Betrieb neben Marinedieselöl und LNG für sowohl Methanol als auch Ammoniak vorbereitet ist, wodurch ein nahezu emissionsfreier Betrieb möglich wird.
 

Testfeld für die Forschung

Demnächst wird das Gelände von Atlantik auch Testfeld für die Forschung. „Wir sind Partner in einem Projekt des Smart Mobility Institute an der Hochschule Bremerhaven und wollen gemeinsam prüfen, wie alternative Antriebe für Zugmaschinen aussehen können, die ja am Ende bis zu 150 Tonnen ziehen müssen“, berichtet Nousch. In diesem Fall ist kein Platz für große Akkus oder Gasbehälter. In einer Laufzeit von zwei Jahren werden Daten gesammelt und ausgewertet. „Damit werden Atlantik Hafenbetriebe und Bremerhaven der Multiplikator für die Welt sein, zusammen mit unseren Kunden auf der Schifffahrtsseite“, sagt Stefan Nousch stolz.

Ausgeprägte Feedback-Kultur

Tobias Hoffmann und Stefan Krüger sammeln mit jedem neuen Gerät, dass sie bedienen, Erfahrungen und geben ihr Feedback. „Das ist auf jeden Fall interessant“, sagt Krüger. „Ich bin gespannt, wie das bei den Zugmaschinen funktionieren wird, ein E-Antrieb ist mit ca. 30 Tonnen immerhin doppelt so schwer wie ein herkömmlicher Antrieb.“ Hilfreich ist die ausgeprägte Feedback-Kultur bei Atlantik. „Wir haben immer was zu Quaken“, sagt Krüger, und lacht.

Aber das Unternehmen weiß Feedback zu schätzen und zu nutzen, sei es von Mitarbeitenden oder von Kunden. „Diese Kommunikation ist wichtig für uns“, sagt Stefan Nousch. „Wenn uns jemand sagt, das ist nicht gut gelaufen, dann nehmen wir das gern auf und prüfen, wie wir es besser machen können.“ Tobias Hoffmann ergänzt: „Wenn wir etwas haben, was wir uns anders wünschen, dann gehen wir damit zu unseren Vorgesetzten und finden gemeinsam die bestmögliche Lösung.“ Bei Neuinvestitionen werden die Wünsche weitestmöglich berücksichtigt, damit es im Betrieb rund läuft.

Ein 5-Tonnen-Schwerlaststapler befindet sich an Board im Einsatz.
Der 5-Tonnen-Schwerlaststapler wird vorwiegend in der Verladung großer und schwerer Güter an Bord eingesetzt. Foto: Atlantik Hafenbetriebe Geuther & Schnitger GmbH & Co. KG

Gemeinsam offen für Neues

Auch Stauerei-Inspektor Yannick Kühntopf befürwortet, dass Atlantik sich im Bereich der alternativen Antriebe engagiert. „Es ist eine super Sache, dass wir uns einbringen und auch die Hersteller ins Boot holen. Die Kollegen verlangen immer nach was Neuem, und so können sie auch etwas dafür tun, um am Ende das optimale Gerät für uns zu finden.“ Dabei stand anfangs schon die Frage im Raum, wie man den Spagat zum E-Antrieb hinbekommt. „Man hat mir öfter gesagt, dass es unter dem Hintern brummen muss, damit man ein Gefühl dafür hat, was man tut“, sagt Nousch. Aber der neue 5-Tonner wird gut akzeptiert. „Wir hatten vorher drei Tonnen und 16 Tonnen, das ist jetzt die Zwischengröße, die uns gefehlt hat. Damit kann man schon viel machen“, so Kühntopf. 

Der Bobcat ist wirtschaftlich. Zukünftig wird es aber auch notwendig sein, trotz höherer Kosten einen alternativen Antrieb zu wählen. „Dann werden wir das einpreisen müssen, schließlich sind wir auch Teil des Projekts „CO2-neutraler Überseehafen“, dem sich Bremerhaven verschrieben hat“, sagt Nousch. „Wir werden sehen, wohin die Reise geht.“